Von einem Staatsoberhaupt erwartet man, daß er den Staat in guten Zeiten glücklich lenkt und in schlechten Zeiten nicht den nächsten Flieger besteigt und abhaut. Horst Köhler hat das gerade gemacht. In einem Interview hat er eine mißverständliche Äußerung getan und ist dafür etwas zu heftig kritisiert worden. Statt diese zu erläutern, ist er zurückgetreten wie eine beleidigte Leberwurst. Man dürfe einen Bundespräsidenten so nicht angreifen.
Bullshit. Bundespräsidenten darf man genau so angreifen, wie jeden, der eine blöde Bemerkung gemacht hat. Vor allem Politiker greifen in so einem Fall an, aber verbrüdern sich in der nächsten Minute wieder, so daß man kaum weiß, in welchem Film man gerade ist. Aber: Horst Köhler ist kein Politiker. Darum befindet er sich in einem einzigen Film – und der heißt „ Ich, der Bundespräsident“. Und aus der Nummer kommt er nicht raus, bzw. ist er nicht rausgekommen. Und spielt gerade den Show Down: Ich, Horst Köhler, zeige Euch jetzt, daß man Staatsoberhäupter nicht beleidigen darf, denn sonst wird man mit Rücktritt abgestraft.
Damit hat Horst Köhler drei Defizite gnadenlos aufgedeckt.
Erstens: Er war der falsche Kandidat. Von vornherein zu schwach, zu lieb, zu eitel. Sein Vorteil, kein abgebrühter Politiker zu sein, geriet ihm nun zum Nachteil, nicht nervenstark genug zu sein.
Zweitens: Er hatte die falsche Amtsauffassung. Nämlich die, daß man den Staat in schweren Zeiten nicht im Stich läßt. Nicht was der Staat für dich tun kann, sondern was du für den Staat leistest, wäre hier geboten. Und da hat Köhler versagt. Gerade in Zeiten wie jetzt, wo der Staat auf der Kippe steht, geht dem ehemaligen Sparkassendirektor Eigensinn vor Allgemeinsinn. Ihr werdet schon sehen, was Ihr davon habt. Man darf einen Bundespräsidenten, (mich), nicht so angreifen. Ich gehe. Eine kleine Klarstellung hätte genügt. Aber nein. Ihr seid meiner nicht würdig.
Drittens: Damit kommen wir zum eigentlichen Strickfehler. Der Bundespräsident ist in unserer Demokratie überflüssig. Ein Operettensänger, ein Zirkusdirektor, aber kein Wahrer unserer Demokratie. Er kann nichts, macht nichts, bewirkt nichts, ist Sonntagsredner und Frühstücksdirektor zugleich. Minister bestätigen und entlassen, das kann ein Bundeskanzler auch. Die Regierung bestätigen oder entlassen, das macht das Volk. Reden halten, können alle.
Insofern ist es unwichtig, was Köhler gemacht hat. Nur, er hat diesen Staat beschädigt.