Samstag, 12. November 2011

Schrägparken in Köln

nur eine Petitesse:
Seit 2005 läuft ein Versuch auf der Kalker Hauptstrasse mit Schrägparken. Statt doppelreihig längs parken (mit der Gefahr zugeparkt zu werden) soll in Zukunft auf der gesamten Meile schräg geparkt werden, wie auf der Dürener oder Venloer.

Als sich nach 4 Jahren immer noch nichts tat, befragte die StandortGemeinschaft in 2009 Passanten und Anwohner und stellte über 75 Prozent Zustimmung fest, bei Radfahrern sogar über 80.
Die Ergebnisse wurden im Bürgeramt vorgestellt und die Verwaltung signalisierte die Umsetzung bis Ende des Jahres.
Das geschah nicht, sondern Ende des Jahres wurde die Bezirksvertretung um Zustimmung gebeten. Die erfolgte, jedoch mit der Auflage, die Räume auf den Bürgersteigen freundlicher zu gestalten.

2010 verstrich und bis Mitte 2011 tat sich nichts, darum äußerte ich gegenüber dem Bezirksbürgermeister, daß das Schrägparken wohl gestorben sei. Kurze Zeit später rief er mich an, wie ich denn so was behaupten könne, am Schrägparken würde weiter gearbeitet, wegen eines personellen Wechsels sei es aber zu Verzögerungen gekommen, die jetzt beseitigt seien. Ähnlich äußerte sich auch der Bürgeramtsleiter.

Auch die für die Kalker Hauptstrasse engagierte Handelsberatung setzte sich mit dem Verkehrsplanungsamt in Verbindung und so erhielten wir jetzt, im November 2011 einen Gesprächstermin.

Die Referentin legte uns detaillierte Pläne vor, mit Fotos, Bürgersteigmöblierung und Gewerbevermerk der anrainenden Häuser und besprach mit uns Probleme wie Fahrradweg und Be- und Entladeverkehr. Hier könnten wir beratend tätig werden und Wünsche anmelden, Ortsbegehung inbegriffen. Eine Ausweitung von Außengastronomie auf den Parkraum sei grundsätzlich möglich. Der Parkraum selber werde nicht mit weißen Strichen unterteilt, ohne die würden die Fahrzeuge in der Regel ökonomischer parken. Im Dezember würden die Pläne der Bezirksvertretung vorgelegt, jedoch müsse auch das Rechnungsprüfungsamt und das Vergabeamt eingeschaltet werden. Die Umsetzung könne deshalb wohl erst im der zweiten Hälfte 2012 erfolgen. Ich schlug noch eine Umrüstung der Parkautomaten vor. Wenn man statt 50 Cent Mindestbetrag (für 20 min.) auch 10 und 20 Cent zulassen würde, hätte man damit eine „Brötchentaste“ geschaffen.

Ich ging auf die Kalker Hauptstrasse. Die drei befragten Gastronomen wollten ihre Außengastronomie gern auf die Parkfläche ausdehnen, wenn sie könnten. Be- und Entladezonen wären nicht das Problem für die meisten kleineren Einzelhändler. Das Problem wäre die Belieferungen tagsüber. Da stellen sich jetzt schon DHL und UPS zum Entladen auf die Fahrbahn, die längsparkenden Autos kämen aber besser raus als in Zukunft. Darum bin ich gegen eine Umstellung, sagten mir mehrere Einzelhändler, es hat doch 40 Jahre gut gegangen. Und was ist mit der Gefährdung der Radfahrer durch herausfahrende PKW´s?
Und was ist mit Entladezeiten bis 11 Uhr vormittags, werden dann nachher Knöllchen verteilt? Die ganze Meile könne man sicher nicht zur Be-und Entladezone erklären, sagte uns die Referentin. Und in mir krochen langsam Zweifel hoch über die Beherrschbarkeit des öffentlichen Raums, wenn der durch die vielfältigen Bedürfnisse der Nutzer vollkommen zugestellt wird. Also doch kein Schrägparken? Alles beim alten lassen?

Was war denn nach dem Krieg, hatten wir da schon diese Probleme? Was ist mit Bangladesh und Darfour, auf deren Lehmpisten? In Peking und Singapur? Was ist, wenn wir noch nicht einmal Schrägparken regeln können. Ist dann bei uns Stillstand, Ende Gelände? Unregierbarkeit, da unser Glas ganz voll ist, der öffentliche Raum ganz zugestellt?
Die Ämter vollkommen ausgelastet, für jede Aufgabe ausgerüstet, aber keine mehr lösend, der völlige Stillstand? Was ist, wenn das Schrägparken zu teuer erkauft ist? Ganze Verwaltungsabteilungen mit diesem Thema beschäftigt, statt mit wichtigerem?

Köln hat 4 Milliarden Euro Schulden, ist die am höchsten verschuldete Stadt NRW´s. Wo will sie sparen, wenn sie die Ansprüche an die Regelung des öffentlichen Raums immer höher schraubt?
Sollten wir da nicht den öffentlichen Raum entrümpeln, von öffentlichen Ansprüchen immer mehr befreien? Keine Verkehrsschilder, keine Bürgersteige, keine Fahrbahnmarkierungen mehr, wie es schon in einigen Städten mit Erfolg praktiziert wird.

Sind wir in unserer Regelungswut nicht schon dort angekommen, wo die DDR schon war, oder sind wir schon weiter? Ist alles planbar, darf nichts der Realität überlassen werden, der normativen Kraft des Faktischen?

Müssen wir alles erst streichen, wenn es kein Geld mehr gibt? Gibt es kein Geld mehr, wenn es wertlos ist? Werden unsere Verwaltungen, wird unser Staat erst gebremst, wenn von den Bürgern nichts mehr zu holen ist?

Ich glaube ja, leider.