Freitag, 10. Februar 2012

Wulff

Sie haben recht: ich kann es nicht mehr hören. Jeden Tag Wulff. Ist natürlich schrecklich, diese kleinbürgerliche Bereicherung auf lau. Hier ein kostenloser Aufenthalt auf Sylt, dort ein Handy eines Geschäftsfreundes. Dann diese kaschierte Eigenheimschenkung. Jeden Tag was neues, obwohl schonungslose Aufklärung versprochen wird. Erinnert an Roland Koch. Auch Schröder kommt mir hoch. Und insgesamt habe ich ein ungutes Gefühl, daß hier ein Politiker kastriert wird, aus den unterschiedlichsten Gründen und Motiven, aber alle anderen Politiker halten sich bedeckt, weil alle dasselbe tun.

Mir kommt in Erinnerung, daß ein hessischer Ministerpräsident eine Dienstwohnung hatte und alles auf Staatskosten eingerichtet hat, vom Schrank über das Besteck bis zur Bettwäsche. Und seine Nachfolgerin wurde geschasst, weil sie das Gleiche getan hatte, mit dem kleinen Unterschied: es war eine Privatwohnung. Wäre es eine Dienstwohnung gewesen, hätte sie alles richtig gemacht.

Wenn man diese Dinge auf den Kopf stellt, hat Wulff alles richtig gemacht. Er hat nicht in der Landesvertretung von Niedersachsen in Berlin oder Brüssel gewohnt und jeden Tag üppig gegessen, er hat nicht offizielle Termine mit dem Bundesflieger erledigt und den Dienstwagen mit Chauffeur nachkommen lassen. Er hat sich nicht auf allen Empfängen auf Staatskosten versorgen lassen. Auf meine Kosten. Nein, es waren private Freunde, auf ihre Kosten.

Es ist diese Staatsbereicherung und Staatskostenausstattung und Staatsgelderausnutzung, was alle Politiker bis zur Perfektion beherrschen. Alles völlig legal – aber es stinkt zum Himmel.
Da ist doch klar, daß die Spitzenpolitiker immer mehr die Bodenhaftung verlieren in diesem öffentlichrechtlichen Abrechnungsdschungel.

Wulff ist in diesem Haifischbecken der Naive, der natürlich die Praxis der Kollegen kennt und sich immun glaubt. Die anderen beissen sich viel größere Filets aus dem Steuerzahlerparadies. Ganz legal natürlich. Wer etwas anderes behauptet, wird verklagt oder eine Riege von Unterstützern aus der Partei hilft mit Rückendeckung.

Wir haben kein Problem Wulff, wir haben ein Problem Politik. Den sorglosen Umgang und die Bereicherung auf unsere Kosten. Ganz legal natürlich. Wird es illegal, wie bei Wulff schreien alle auf.

Ich vermisse jedoch den Aufschrei bei der viel größeren Staatsverschwendung insgesamt. Die kostenlose Versorgung in den Bundestagen und Landtagen trotz Diätenpauschale, die Flüge rund um die Welt inklusive Luxusbankette, die natürlich nicht bezahlt werden, weil sie zu Lasten der Steuerzahler gehen.

Keiner schreit auf, wenn Staatsgelder in unvorstellbaren Mengen verschleudert werden. Aber bei einem Handy werden alle wach. Dabei hat Wulff zig Handys auf Staatskosten.
Wie sagte es ein privater Unternehmensberater treffend in einer der letzten Talkshows: ich würde der Merkel 30 Mio. Prämie zahlen, wenn sie einen ausgeglichenen Staatshaushalt vorlegt.

Wir laufen den Spiessern hinterher und verlieren das Große völlig aus den Augen.
Diese Politiker sind nicht in der Lage, unseren Staat sparsam und nachhaltig (schönes Wort, soll heißen noch nicht einmal für unsere Generation sicher) zu verwalten. Alles wird sorglos verplempert. Unsere Einzahlungen für die Rente und die Gesundheit wird nicht für uns zurückgelegt, sondern für die jetzigen Pensionäre vorab verbraucht. Obwohl alle wissen, daß das gegen die Wand läuft. Unsere Steuern werden jährlich erhöht, alles zusammen schon bei 70 Prozent, obwohl die Privatwirtschaft eine Billion Exportrekord vorlegt. Das alles reicht diesem gierigen Staat nicht. Die Staatsdiener machen weiter hemmungslos Schulden, auf unsere Kosten. Diesen Mißstand nicht zu beseitigen ist viel schlimmer als ein Reihenhaus von Wulff. Unsere Parteifreundeabwurfstellen in den Verwaltungen, Ministerien und Wasserwerken sind viel schlimmer als die Gefälligkeiten von Privatunternehmern auf dem Niveau von Wulff.

Ein Schröder darf zu Gazprom wechseln, ein Koch zu Bilfinger und Berger. Ganz legal natürlich, aber wir wissen, daß beide die Republik stärker gefährden als Wulff. Ganz legal natürlich.