Freitag, 25. Februar 2011

Kölner Lieblingsplätze: Kartäuserkirche

Diese Kirche kennt kein Kölner und kein Kölntourist. Kannten Sie sie? Ich auch nicht. Irgendwo hinter der Severinsstrasse und vor der Ulrepforte (dem Stadtmauerrest), mitten in einem fast undurchdringlichen Einbahnstrassengewirr, da liegt sie. Und wenn man sie sieht, weiß man, warum man nicht zu ihr gelangen konnte – sie ist nämlich evangelisch. Und trotzdem hat sie etwas Herrschaftliches an sich. Der weiße Gutshof nebenan war das Haus der Laienbrüder, die Kirche selbst liegt in einem ganzen Komplex verschiedener Gebäude, die einmal Teil der riesigen Klosteranlage waren.

Ich betrat den Kirchhof durch die Toreinfahrt, ein Auto wartete höflich, bis ich eintrat und steuerte auf die Kirche zu. Erste Tür verschlossen, zweite Tür verschlossen, typisch evangelisch, dachte ich. Wissen Sie, wie man in die Kirche kommt, rief ich einem parkenden Autofahrer zu. Der zuckte lächelnd mit den Achseln. Ich ging weiter. Alle sechs Türen zu. Dafür befand ich mich aber jetzt in einem (lieblichen) Innenhof wie neben einem Kreuzgang, und es interessierte mich sehr, welch interessanter kirchlicher Bau sich noch neben der Kirche befand. Niederrheinischer Backstein, gotische Fenster, gedrungener Bau, darinnen schien ein Möbellager zu sein.
Jetzt wollte ich es wissen und ging auf das hinten liegende Doppeldachgebäude zu. klingelte an der Tür. Ein asketischer junger Mann mit freundlich glänzenden Augen machte mir auf. An wen kann ich mich wenden, um in die Kirche zu kommen, fragte ich. An mich, sagte der junge Mann, aber an sich ist jetzt keine Besuchszeit. Was sind denn die Besuchszeiten, versuchte ich wenig vorwurfsvoll zu fragen. Vormittags, aber die haben wir noch nicht angeschlagen, entschuldigte sich der junge Mann, wir hatten vor zwei Jahren Vandalismus und machen jetzt den zaghaften Versuch, die Kirche wieder zu öffnen. Sprayer, fragte ich. Und mehr, sagte der junge Mann, ich lasse Sie rein. Wir gingen zusammen zur Kirche und er führte mich in einen Nebenraum. Dies ist das Modell der Anlage, sagte er. Auf dem Tisch dehnte sich das Modell des Kartäuser Klosters aus, es war wirklich riesig. Es war einmal das gesamte Viertel. Die Kartäuser waren einmal wirklich reich, das reichste Kloster nördlich der Alpen. Das konnte ich nachlesen. Denn der Gründer des Ordens, Bruno, war angetrieben von seiner Abneigung gegen den damals üblichen Ämterkauf und wollte dem Weltlichen entsagen, woran ihn aber der Papst, ein Freund Brunos, hinderte. Wem vertraut man Geld lieber an als dem, der Geld nicht will.

Große Felder dehnten sich hinter der Klosteranlage aus. Alles damals hinter hohen Mauern geschützt. Die Mönche vom Weltlichen völlig abgeschlossen. Nur die Laienbrüder, die in dem hochherrschaftlichen Stift lebten, hatten Ausgang.

Wußten Sie, daß das hier mal hundertzwanzig Jahre Militärlager war, fragte der junge Mann. Das war ein Glück für das Kloster, konnte ich nachlesen, denn im Zeitalter der Säkularisierung wurden sehr viele Klosteranlagen zerstört und als Bauplatz und Steinelieferant mißbraucht.

Ich lasse Sie jetzt allein, sagte er, schauen Sie sich die Marienkapelle an, die hat eine sehr schöne Decke. Das hatte sie. Sie war übrigens das einzig sehenswerte dieser Kirchenanlage. Wunderbar intim, wie ein etwas verstaubtes Antiquitätengeschäft. Dagegen der Hauptkirchenraum langweilig wie eine Schulaula. Typisch Evangelen, dachte ich, da lobe ich mir die Katholiken, die tun was fürs Herz, für die Seele.

Als ich die Kirche verlassen wollte stand noch ein Besucher im Vorraum. Ich gehe jetzt, sagte ich, ich soll Bescheid sagen, dann wird die Kirche abgeschlossen. Ich verstehe nicht ganz, sagte der Besucher, er war Engländer. Darum spielte jetzt ich nochmal den Fremdenführer. Nice journey back to London, verabschiedete ich mich, and don´t forget to visit the Theophanou shrine in St. Pantaleon. You know, und da versagte mein Englisch, the byzanthine cesaress. Empress oder was auch immer, wollte ich sagen. Aber das tat meiner Begeisterung über ihren Schrein keinen Abbruch. You know, when you enter the Church, on the right side, in the chapel, there is her shrine, Constantinople, you know. Oh, yes, he said. But he didn´t understand. Marble, I said, wonderful shrine. And then I left him, wenn Sie wissen, was ich meine. Engländer!

Ich sah den jungen Mann sein Fahrrad aus der Tür tragen. Ich bin fertig, rief ich ihm zu. Danke, sagte er, hier habe ich noch ein kleines Buch für Sie über die Geschichte des Klosters. Drückte mir´s in die Hand und wir gingen getrennte Wege.

Sachen gibt´s.

Mittwoch, 11. November 2009