Es ist schon ein starkes Stück, den Deutschen mehr Diplomatie zu empfehlen und sie sogleich mit dem Satz vor den Kopf zu stoßen, „Es ist das Jahr 2012 und die deutschen Eliten sind wieder einmal auf dem Holzweg.“
Da fragt man sich als erstes, welche Holzwege außer dem zweiten oder dem ersten Weltkrieg meint Tony Corn denn noch.
Die Wiedervereinigung 1989 kann es nicht sein, die haben wir laut Tony Corn auf wunderbare Weise gemeistert, (obwohl man die Art und Weise, wie wir Ostdeutschland mit der D-Mark überzogen haben, mit bis heute nicht bewältigten Kosten, durchaus als Holzweg begreifen kann).
Wenn ich dann aber bei Tony Corn lese, die deutschen Eliten versuchen „aus den 27 Mitgliedern der Europäischen Union ein modernes Gegenstück zu den 27 Bundesstaaten des deutschen Kaiserreichs zu machen“, dann kennt er wohl andere deutsche Eliten als ich. Und ich kenne auch keine gedruckte oder gesprochene Meinung in Deutschland, die das vertritt.
Und die Europäische Zentralbank wird nicht, wie Corn es meint, von den Deutschen als geklonte Bundesbank gehalten, sondern ist vor zehn Jahren gemeinsam mit den anderen europäischen Ländern geschaffen worden. Ist es da ein Holzweg, die Einhaltung der europäischen Verträge zu verlangen?
Vollends in der Wühlkiste antideutscher Klischees ist Tony Corn dort angekommen, wo er Angela Merkel mit Bethmann-Hollweg und Schäuble mit Ludendorff vergleicht und ihnen einen Mangel an Staatskunst unterstellt. Das genaue Gegenteil ist der Fall, wie man an den Erfolgen von Merkel und Schäuble auf der europäischen Bühne sieht.
Nun passt es den Amerikanern nicht, daß die Deutschen nicht unkontrolliert das Euro-Füllhorn über Europa ausschütten wollen, wie es Obama mit seinen 700 Milliarden Dollar gemacht hat. Sie sehen in der restriktiven Haltung der Deutschen deshalb auch eine deutliche Kritik an der amerikanischen Inflationspolitik. An der Vielzahl der amerikanischen Kommentare sieht man, wie weh das getan hat und es - siehe Tony Corn - immer noch tut.
Etwas mehr Diplomatie von der Sorte, die er den Deutschen empfiehlt, hätte seinem Artikel besser zu Gesicht gestanden.