Montag, 26. Oktober 2009

Roman Polanski oder Michael Jackson

Welches Schweinderl hätten Sie denn gern: den Kinderschänder Jackson oder den Kinderschänder Polanski? Unpassender Vergleich meinen Sie? Nicht so die offiziellen Staatsverfolger und die öffentliche Meinung.

Bei Jackson schaute sie nicht so gerne hin, die Öffentlichkeit, zu beliebt war der Superstar als daß man sich diese Schweinereien bei ihm vorstellen wollte. So konnte er sich immer wieder freikaufen. Man hätte sich dann auch mehr mit Päderasten beschäftigen müssen. Was für Menschen sind das, warum machen sie das, können sie was dafür? Und die Beschäftigung mit ihnen hätte womöglich zu Ergebnissen geführt, die die Öffentlichkeit von der Hexenverfolgung der Päderasten weggebracht hätte. Man hätte ihnen ihr Spielzeug weggenommen, daß Päderasten der größte Abschaum der Menschheit sind. Und das wäre schade, erfüllen diese doch die Funktion des Sündenbocks: es gibt immer noch Menschen, die schlechter sind als wir.

Die erste Beschäftigung mit Jackson hätte noch einmal verdeutlicht, daß Jackson in Wirklichkeit ein wunderbarer Mensch ist, lieb, naiv und kindlich. Das paßt natürlich nicht zum Klischee eines Unholds. Das hätte die Frage nach sich gezogen, ob der Rest der Päderasten nicht auch einige wunderbare Menschen beinhaltet oder Menschen wie wir. Nur, daß sie irgendwo stehengeblieben sind in ihrer Sexualität. Statt reifer Früchte lieben sie unreife. Wir können das nicht nachvollziehen, aber es gibt sie. Und es gibt vieles, was wir uns nicht vorstellen können, daß zum Beispiel die meisten Päderasten Familienväter sind, die ihre Kinder mißbrauchen. Die zweitgrößte Gruppe der Päderasten befindet sich unter Priestern, die ihre Meßdiener mißbrauchen. Die drittgrößte Gruppe in Waisenhäusern und Schulen. Alles innerhalb unserer angesehensten Institutionen, nicht außerhalb. Sicher ist auch unsere Gesellschaft daran schuld. Michael Jackson wurde von seinem Vater sexuell mißbraucht und vielleicht wollte er deswegen nicht erwachsen werden. Bevor Sie sich jetzt zu sehr aufregen, nehmen Sie aber zur Kenntnis, daß es nur ein Prozent unserer Gesellschaft ist, die zu den Päderasten zählen, vielleicht ist die Dunkelziffer höher, aber nicht viel.

Nach Ansicht der offiziellen Staatsverfolger und der öffentlichen Meinung ist Polanski auch ein Kinderschänder und muß dafür bestraft werden. Für das was er getan hat, müßte er meiner Meinung auch bestraft werden, denn er hat dieses Mädchen erst betrunken gemacht und dann gegen ihren Willen vergewaltigt. Aber ob das Kinderschändung war, da kann man schon Zweifel haben. In vielen Ländern werden Dreizehnjährige verheiratet und Mohammed wird auch nicht als Kinderschänder angesehen, obwohl Aisha bei Vollzug der Ehe neun Jahre alt war.

Was nicht in Ordnung war, daß sowohl die USA wie die Schweiz Rechtsbeugung begangen haben. In den USA hat sich der Richter erst auf den Kuhhandel eingelassen, Polanski fast straffrei ausgehen zu lassen. In der Schweiz wurden Verjährungsfristen mißachtet und das Vertrauen ihrer Bürger in ihr rechtsstaatliches Handeln. Denn Polanski durfte als Hauseigentümer und Bewohner der Schweiz darauf vertrauen, daß er strafrechtlich nicht mehr belangt würde.

In Sachen Sexualität sind wir Menschen weder normal noch zurechnungsfähig. Weil unser sexuelles Spektrum wie ein Regenbogen von Infrarot bis Ultraviolett reicht. In der Regel wird man als Junge oder Mädchen geboren und verhält sich sein Leben lang so. Man heiratet, kriegt Kinder und bewegt sich im Rahmen der gesellschaftlichen Normalität. Wir verdrängen, daß wir auf dem Weg zum Erwachsensein homosexuelle oder andere Erfahrungen hatten und sie uns nicht geschadet hatten. Einige sind bei diesen Erfahrungen geblieben oder dorthin zurückgekehrt, und es ist noch gar nicht so lange her, daß Menschen für ihre homosexuellen Neigungen staatlicherseits hingerichtet wurden. In manchen nichtwestlichen Staaten ist dies auch heute noch der Fall.

Und dann gibt es eine Minderheit von Menschen, die im sexuellen Spektrum leider nur infrarot oder ultraviolett sind. Sie sind weder Mann noch Frau, sie haben kein richtiges oder gar zweierlei Geschlecht, Transsexuelle, Zwitter.

In Sachen Kindersexualität gibt es auch keine einheitliche globale Haltung. Hier setzt sich gerade in den aufgeklärten westlichen Industrieländern eine immer unaufgeklärtere Auffassung durch, verbunden mit einer rigorosen Verfolgung von Päderasten oder Kinderschändern, wie sie am liebsten genannt werden. Dabei haben die Menschen, die sich für normal und zurechnungsfähig halten, einfach Glück gehabt, daß sie nicht zu der Gruppe von dem einem Prozent Kinderliebhabern gehören, die von uns als sexuell krank eingeordnet werden. Man könnte das Kapitel hier einfach zuklappen, denn bei einem Prozent ist es einfach nicht wert, sich darum zu kümmern. Aber das Thema wird so hochgespielt, daß erkennbar nicht nur die Minderheit, sondern auch die Mehrheit in dieser Sache unzurechnungsfähig reagiert.

Ganz oben im Kopf spielt sich nämlich bei diesem Thema folgendes ab: Der Päderast und Kinderschänder mißbraucht ein wehrloses Kind und bringt es um. Und dann spult man sämtliche Klischees vom Mißbrauch eines liebenswerten Kindes durch ein abstossendes Ungeheuer ab. Und dieses Klischee wird auch von der sensationsgeilen Gesellschaft immer wieder mißbraucht, weil sie einen Sündenbock braucht für die eigenen Verfehlungen. Dabei bringen viel mehr erwachsene Menschen andere erwachsene Menschen um und stellen eine viel größere Gefahr für die Gesellschaft dar, unabhängig von der Frage, ob man das Leben eines Kindes gegen das Leben eines Erwachsenen aufwiegen kann.

Die Wirklichkeit ist kompliziert. Von diesem einen Prozent Kinderschändern spielen sich die meisten Kindermißbräuche in der eigenen Familie ab. Vater mißbraucht Sohn oder Tochter und das über Jahre, Mutter genauso, aber wenn sie sich am Penis ihres Kleinkindes vergreift, wird das von der Öffentlichkeit nicht registriert und auch nicht als schlimm gewertet. Die zweithäufigsten Kindermißbräuche spielen sich in den Kirchenorganisationen ab, die Knaben werden als Meßdiener mißbraucht, dann werden sie in Waisenhäusern gequält und mißbraucht. Die Gesellschaft ist auch deshalb pervers, weil sie Kindermißbräuche durch Kinderarbeit überhaupt nicht kritisiert und verfolgt, obwohl die Folgen um ein Vielfaches schlimmer sind. Daran sollten wir eigentlich erkennen, daß wir in Sachen Sexualität nicht wirklich zurechnungsfähig sind. Gewalt durch Krieg ist für uns kein Problem, Gewalt durch Sexualität ja.

Und jetzt zu Polanski, auf dem zur Zeit ja alle herumhacken. Natürlich hätte er verurteilt werden müssen, wenn er die Dreizehnjährige vergewaltigt hat. Aber ob das Strafmaß höher hätte ausfallen müssen, weil er eine Dreizehnjährige und nicht eine Zwanzigjährige vergewaltigt hätte, das ist schon fraglich. Wahrscheinlich wäre Polanski härter bestraft worden, weil die Vergewaltigung einer Dreizehnjährigen schlimmer und krankhafter bewertet worden wäre als die einer Zwanzigjährigen.

Unabhängig von dieser Problematik gilt etwas ganz anderes: die Verurteilung erfolgt nicht mehr zeitnah. 30 Jahre sind ein Zeitraum, in dem selbst Mord früher verjährt war. Hier ist aber keiner ermordet worden, sondern genötigt und körperverletzt, selbst das Opfer hat dem Täter verziehen. Und ganz entfernt klang an, daß selbst das Opfer eventuell Täter war, weil es sich von der Begegnung mit dem berühmten Regisseur materielle Vorteile versprach.

Und damit sind wir bei Michael Jackson. Auch er gehört zu den einem Prozent der Behinderten und verkrüppelten Päderasten. Sein Vater war auch einer, wohlgemerkt, verheiratet, Vater von 5 Kindern, einer offensichtlich glücklichen Ehefrau, aber Mißbraucher seiner Töchter und Söhne. Wollen Sie es noch einmal hören, er hat sie einfach über Jahre gefickt. Und wahrscheinlich ist Michael Jackson noch nicht einmal deswegen Päderast geworden, wer weiß das schon. Wäre er nicht einer der berühmtesten Sänger der Welt gewesen, wäre er wahrscheinlich für sein ganzes Leben hinter Gitter gekommen, oder in ein amerikanisches Dorf verschleppt worden, wo Kinderschänder an der Türklingel steht oder im Internet.

So aber verzeiht ihm die ganze Welt seine Schuld. Im Gegenteil, sie ignoriert sie, klammert sie aus, wie einen blinden Fleck im Auge, will es nicht wahrhaben. Und es wird ausgeklammert, daß ihm Eltern ihre Kinder zum Mißbrauch zugeführt haben, damit sie Geld aus ihm herauspressen konnten. So ist es mit unseren blinden Flecken. Der Schöpfer von Alice in Wonderland wäre nach heutiger Gesetzgebung im Gefängnis gelandet, Lewis Caroll. Zumindest wäre er gesellschaftlich durch Bildzeitung und FAZ für immer geächtet worden.

Und so gibt es viele Kinderschänder, die nie als Kranke angesehen wurden, die aber die Welt verändert haben, Mohammed zum Beispiel.

Dirk Kranefuss