Samstag, 13. März 2010

Ein Skandalurteil - Anmerkungen zu Broelsch

Wegen Bestechlichkeit, Nötigung, Betrug und Steuerhinterziehung wurde Christoph Broelsch, Prof. Dr. Chefarzt und Starchirurg an der Essener Uniklinik zu drei Jahren Haft verurteilt. In 30 Fällen hatte er gegen Zahlung von Geld operiert. So billigte der Mediziner einer Düsseldorferin eine Heilungschance von 80 Prozent zu, falls er persönlich sie umgehend operiere. Von der Kassenpatientin, die sonst vier bis sechs Wochen auf einen Termin hätte warten müssen, forderte der Chefarzt eine „Spende“ von 3500 Euro für ein Bett auf seiner Privatstation. Richter Schmidt nennt das verwerflich. Auch ein Chefarzt habe einen Kassenpatienten umgehend zu operieren, wenn nur er für die Behandlung in Frage komme.

Zunächst einmal operiert kein Arzt umsonst, sondern immer für Geld. Und heute operieren viele Ärzte Kassenpatienten überhaupt nicht und wenn, dann erst lange nach den Privatpatienten. Das wissen auch die Essener Richter und trotzdem werten sie nachteilig, daß Broelsch einem Patienten während der „Spenden“-Verhandlungen sagte, man lebe eben in einer medizinischen Vier-Klassen-Gesellschaft: „Es gibt Leute mit Geld, Politiker, Privatpatienten und Kassenpatienten.“ Dabei hat er doch recht.

Wenn jetzt jeder Arzt der so handelt bestraft wird, hätten wir einen Ärztenotstand. Das hätte übrigens auch den Charakter von Nötigung. Wieso soll ein Arzt eine schlechter bezahlte Tätigkeit ausführen müssen, was keinem Rechtsanwalt und keiner Autowerkstatt zugemutet wird. Im Fall Broelsch ging es ja nicht wirklich um Bezahlung, sondern um Bevorzugung. Wer spendete, kam schneller dran. Die Patienten hätten ja zu einem anderen Arzt gehen können. Taten sie aber nicht, denn keiner ist besser als Broelsch. Nun sind nicht alle so wie die Deutsche Bank, die nur Leistung aus Leidenschaft erbringt. Dieser Mann hatte eben einfach mehr Patienten als er operieren konnte. Jeder würde da die Preise erhöhen, um den Andrang zu verringern, so wie ein Künstler das auch tut, wenn seine Bilder gefragt sind – oder Weltklasse. Ein Arzt darf das nicht – auch wenn er ein Künstler ist. Und in einem anderen Leben hätte der Mann vielleicht eine Privatklinik aufgemacht und wäre reich geworden. Hat er aber nicht, sondern ist bei dem Krankenhaus geblieben, wo jeder Chefarzt gewisse Freiheiten hat, indem er auch privat fakturieren kann. Wo er also nicht nur Angestellter oder Beamter ist, sondern gleichzeitig Unternehmer. Jetzt darf er erstmal nicht mehr zum Wohle der Menschheit da sein, sondern muß seine Arbeit für drei Jahre einstellen.

Ich würde das Gericht verklagen, wegen verhinderter Hilfeleistung, der Mann hätte noch viele Leben retten können. So behandeln unsere furchtbaren Juristen einen der besten Mediziner, wo sie anderen selbst für Totschlag noch Bewährung geben.