Donnerstag, 2. September 2010

Sarrazin ist Clint Eastwood

„Dieses Buch wird bei meinen Jugendlichen Wut erzeugen“, sagte ein Sozialarbeiter in der Sendung von Beckmann und brachte die Diskussion um Sarrazin auf den Punkt: weder er hat es gelesen noch wird es irgendeiner der betreuten Jugendlichen lesen, aber: „ sie werden Wut empfinden“. Damit ist Deutschland auf dem Niveau von Iran, Pakistan und Saudi Arabien angekommen, die nur aufgrund von Hörensagen wegen Salman Rushdie Bücher verbrennen und wegen der Mohammed Karikaturen keinen dänischen Käse mehr essen.

Man mag zu Sarrazin stehen wie man will, er mag blöd sein oder blöd aussehen, aber selbst ist man blöder, wenn man sich nur damit und nicht mit seinen Thesen auseinanderzusetzt. Und da macht sich ganz Deutschland zur Zeit zum Affen. Allen voran die Politik, die sich wegen ihrer himmelschreienden Untätigkeit am meisten auf den Schlips getreten fühlt.

Statt Punkt für Punkt der Kritik abzuarbeiten, in Richtig und Falsch, in Machbar und nicht Machbar, wird Sarrazin mit einer Riesenkeule plattgemacht. Nur ganz wenige Argumente wurden bisher in der Sache vorgebracht. Doch selbst wenn 70 Prozent falsch wären, würden noch beachtliche 30 Prozent übrigbleiben, um die man sich kümmern müßte. Offensichtlich scheint es aber so zu sein, daß eher 70 Prozent der Kritik richtig sind. Denn sonst würde nicht eine so glasklar denkende Necla Kelek Sarrazin voll und ganz beipflichten, Muslimin und Türkin wohlgemerkt. Sie hat nicht aufgeschrien, sondern seine Thesen bestätigt und ihre Ausführungen mit dem bemerkenswerten Satz beendet, ob denn die Muslime als erste Gruppe von Migranten in die Geschichte eingehen wollen, die das Land verachtet, welches sie aufgenommen hat.

Wenn man gesehen hat, wie Sarrazin seinen Standpunkt verteidigt, dann nötigt einem dieser Starrsinn Respekt ab. Was hat man ihm alles unterstellt. Wichtigtuerei, Rassismus und Geldgier waren die härtesten Geschütze, kurz dahinter Dummheit und Ignoranz. Warum haben Sie das Buch geschrieben, fragte Plasberg in der Folgesendung, und Sarrazin antwortete nach kurzem Überlegen „in erster Linie für mich“. Und als er erläuterte, wie entsetzt er war, daß die Bundesregierung Statistiken über Muslime geschönt hatte, wurde klar, daß das sein Verantwortungsbewußtsein für Deutschland nicht zuließ: hier stehe ich, ich kann nicht anders. Jeder andere wäre schon lange in die Knie gegangen. Sarrazin nicht. Insofern ist er ein Glücksfall für Deutschland. Einer der nicht wie die Politik auf den Imageschaden im allgemeinen und den Wirtschaftsschaden im besonderen achtet, oder auf ihre Wählerquote.
Darum wird jetzt die Politik einknicken, nachdem sie festgestellt hat, daß hier wider Erwarten jemand ist, der sich nicht mundtot machen läßt, nicht niederbrüllen, nicht diffamieren. Auch die den Politikern zuarbeitenden Medien werden einknicken und Sarrazin schließlich als Cowboy einer gegen alle verehren, ihren neuen Clint Eastwood.

Man kann nur hoffen, daß man ihm nicht nur ein Denkmal baut, sondern auch seine Sache weiter verfolgt: die bessere Steuerung von Einwanderung und Integration. Und die bedeutet schmerzhafte Entscheidungen seitens der Politik, um die sie sich stets gedrückt hat:

- Anerkennung, Wertschätzung und Netzwerkbildung mit den hier lebenden Muslimen, insbesondere Türkischunterricht, Länder- und Islamkunde für Deutsche und Türken zum besseren Verständnis ihres Herkunftslandes
- Befristete Aufenthaltserlaubnis von 10 Jahren für alle Ausländer, die nach Integrationstest in unbefristete umgewandelt oder um 5 Jahre verlängert wird
- Einwanderungsstopp bei Türken, kein Nachzug von türkischen Bräuten und türkischen Imamen