Dienstag, 2. November 2010

Kopftuchmädchen

Man weiß nicht, über wen man sich mehr wundern soll. Über die forsche kleine Kopftuchtürkin im bodenlangen Mantel, die ihren Sonderstatus in der Talkshow sichtlich genoss oder über die westlich aufgebrezelte Maybritt Illner, die sich mitfühlend deren Klagen über Fremdenfeindlichkeit anhörte, die vor allem seit Sarrazin zugenommen hätte. Die Ministerpräsidentin von NRW Hannelore Kraft schüttelte dazu medienwirksam den Kopf. Und keiner der anwesenden Herren, angefangen bei Innenminister de Maiziere kam nur einmal darauf, nachzufragen, warum sie denn überhaupt Kopftuch trägt.

Auf der Webseite dieser wortgewandten Türkendeutschen sagt sie, ihr Prophet habe ihr das zur Pflicht gemacht.

Das sehen beileibe nicht alle Muslime so. Viele Musliminnen tragen kein Kopftuch. Die Aleviten sowieso nicht und keine einzige Sure im Koran spricht von einer Kopftuchpflicht.

Man ist immer wieder erstaunt, mit welcher Naivität und Unsicherheit wir Deutschen uns auf eigenem abendländischen Grund und Boden bewegen. Keiner kommt auf den Gedanken, dieses Mädchen zu fragen, warum sie nicht in einer Burka gekommen ist, ihr Prophet hat das zumindest den Afghanen so geboten. Und keiner erklärt ihr, daß ihr Kopftuch eine alte Tracht aus Südostanatolien ist und daß es tausend verschiedene Arten von Kopftüchern und Ganzkörperverschleierungen auf der Welt gibt. Alles Mohammed? Mit denselben Worten hätte sich Kübra Yücel , so heißt die junge Frau, über die Türkei beklagen können. Die hat das Kopftuch schliesslich als erster Staat der Welt verboten. Dafür gab es mal gute Gründe, über die man sich heute wieder unterhalten könnte.

Wir in Deutschland haben das Kopftuch nicht verboten, könnte man diesem Mädchen sagen. Wir tolerieren es zwar, aber wir sind darüber nicht begeistert. Paßt es doch überhaupt nicht in unsere Vorstellung von Integration und Aufklärung. Uns sagt das Kopftuch, Ihr wollt mit uns nichts zu tun haben, darum kleidet Ihr Euch nicht so wie wir. Aus unserer Sicht ist das Kopftuch ein Relikt aus der Zeit vor der Aufklärung, wo die Religionen die Menschen zu ihrem Glück zwangen. Schön, daß Du das Kopftuch freiwillig tragen kannst, könnte man dem Mädchen sagen. Die meisten Frauen in den islamischen Ländern können das nicht. Sie werden gezwungen, es zu tragen, oder getötet, wenn sie es nicht tragen. Selbst in Deutschland gibt es nur ganz wenige muslimische Gemeinden, die ihre weiblichen Mitglieder nicht zwingen. Das würden die Angehörigen natürlich empört von sich weisen: bei uns tragen alle Frauen das Kopftuch freiwillig. Dabei sagt selbst der Zentralrat der Muslime in Deutschland, daß eine nichtislamische Kleidung verboten ist.

Diese Dinge gehen uns im Kopf rum, wenn wir das Kopftuch sehen.

Es gibt nur ganz wenige in Deutschland, die hierzu klare Worte finden, Necla Kelek oder Alice Schwarzer oder Thilo Sarrazin. Die meisten drucksen unklar herum, weil sie bloss keinen verletzen wollen, sie könnten ja in den Geruch von Fremdenfeindlichkeit kommen. Dabei hat selbst die Bundeskanzlerin Frau Merkel, von Sarrazin sichtlich beeindruckt, erklärt, Multikulti sei vorbei. Was genau sie damit meint, muß sie offenbar noch dringend auseinanderlegen.

Da das noch eine Weile dauern kann, fange ich schon mal an, Euch das zu sagen:

Wir fremdenfeindlichen Deutschen müssen hart an uns arbeiten, unsere Fremdenfeindlichkeit aufzulösen. Dazu gehört ein viel größeres Entgegenkommen zu allen Neubürgern, vor allem den Türken, da sie die größte Minderheit darstellen. Freundlichkeit, Herzlichkeit und Neugier gehören dazu, vor allem auch Interesse am Heimatland bis hin zum Erlernen der türkischen Sprache. Und Respekt vor ihrer Religion. An sich dürfte uns das nicht schwerfallen, denn der Islam hat eine hohe Ähnlichkeit mit dem Christentum. Was wir aber nicht zulassen dürfen ist, daß der Islam sich nicht öffnet und modernisiert, sondern in einem mittelalterlichen Stand mit Steinigung und Scharia verharrt.

Da aber die Mehrzahl der hier lebenden Türken nichts mit dem Islam zu tun hat, sollten wir die Türken auch ausschliesslich als liebenswerte Menschen und Neudeutsche sehen und nicht andauernd in eine islamische Ecke stellen. Aus diesem Grund ist auch der Auftritt von Kübra Yücel nicht hilfreich, weil auch sie alle ihre anderen Neudeutschen islamisch vereinnahmt. Noch weniger hilft es, wenn eine Maybritt Illner und eine Hannelore Kraft und erst recht ein Thomas de Maiziere das unkommentiert läßt. Wer soll denn unseren Neudeutschen sagen, was wir gut finden und was nicht, und was zur Integration beitragen könnte. Anpassung an unsere deutschen Sitten ist nicht unbedingt nötig, wäre aber hilfreich. Daß wir uns alle an das Grundgesetz halten müssen bzw. an unsere Gesetze ganz allgemein, dürfte zu den Selbstverständlichkeiten gehören, was aber nicht daran hindert, das ständig zu wiederholen.

Und wir sollten nicht dauernd eine Debatte um die Zuwanderung führen. Viel wichtiger ist die Integration der hier lebenden Neubürger. Das das auch eine Pflicht ist, nicht nur für die Deutschen, sondern auch für die Neudeutschen, das müßte Frau Merkel ständig sagen und ausreichend Geldmittel für Sprachkurse zur Verfügung stellen.