Da das in weiten Teilen der SPD nicht selbstverständlich ist, muß er dies in der FAZ vom 10. Januar lang ausbreiten. Aber er wird damit den kommenden Aufstand nicht verhindern.
Denn in seinem Fortschrittsbrei sind alle alten Denkmuster der SPD enthalten und kein neuer Gedanke. Nachdem bei Arbeiterklasse und Mittelstand alles abkassiert worden ist, will er den Superreichen einen anständigen Teil abknöpfen, also eine „Verteilung von oben nach unten“ vornehmen. Als Beispiel für die unsoziale Marktwirtschaft nennt er HRE-Manager mit unanständigen Pensionen von 20.000 Euro ab dem 60. Lebensjahr nach nur zwei Jahren Anwartschaft, vergißt aber die gleichen Beispiele bei halbstaatlichen Landesbanken zu nennen. Er vergißt auch die hohen Pensionen von Abgeordneten, die mit anderen staatlichen Renten kumuliert werden, und trotz kurzer Anwartschaft in die freie Wirtschaft mitgenommen werden können oder zum kommunalen Wasserwerk. Die lasten weitaus schwerer auf dem Steuerzahler. Ich kenne genügend Beispiele von Beamten, die hohe Pensionen lange vor ihrem Pensionsalter beziehen. Ich kenne zu viele davon. Denn das ist der Punkt: Gabriel fällt zum Fortschritt nichts anderes ein, als noch mehr zu regulieren („die Märkte haben dem Primat der Politik zu folgen und nicht umgekehrt“). Ein frommer Wunsch.
Wie will er denn bitteschön den Fortschritt von Microsoft, Google und Facebook regulieren? Mit Mindestlohn? Nein, da denkt er doch eher daran, dem Zuckerberg 49 Milliarden von seinen 50 wegzunehmen. Das Schöne an dem Gedankenkonstrukt von Gabriel ist, daß er sich natürlich Sorgen um die Zukunft und um die Wutbürger macht. Aber ihm fällt letztlich nichts anderes ein, als sie noch mehr zu gängeln in einer Weise, wie es die SPD nun schon seit Willi Brand macht: die Kuh noch mehr zu melken –geht doch!
So verpuffen die ernsthaften Gedankenansätze des Siegmar Gabriel letztlich zu heisser Luft mit solchen Sätzen:
Die SPD ist überzeugt (sic!): Auch im Jahr 2020 wird Deutschland eine Arbeitsgesellschaft sein müssen – mit guter und bezahlter Arbeit.
Ein Artikel, der den Namen Fortschritt ansatzweise verdient hätte, wäre die Sensation gewesen, wenn Gabriel mit sich selbst angefangen und den Saustall vor seiner Haustür ausgemistet hätte. Mit der Überbesetzung der Verwaltungen in allen Bundesländern, mit der Überversorgung der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes, die heute schon zu den „Reichen“ der Gesellschaft gehören, weil die anderen für sie schon soviel aufwenden müssen, daß sie nicht mal mehr für die eigene Altersversorgung sparen können. Mit einer gesellschaftlichen Solidarität, die die Mindestlöhne der Beamten an die der freien Wirtschaft koppelt und wo es nicht angeht, daß alle Unternehmen der freien Wirtschaft jeden Pfennig dreimal umdrehen, während der Staat das Geld mit vollen Händen zum Fenster rauswirft. Und wo denn bleibt das Konzept für ein Schrumpfen des öffentlichen Dienstes, wenn die Alten zunehmen und die Jungen ausbleiben? Das erzeugt Wut, vor allem die völlige Ungerührtheit in dieser Sachlage. Das ist verantwortungslos. Für uns und noch mehr für die kommenden Generationen.
Jedoch ist unsere Demokratie schon so weit verkommen, daß ein Gabriel zum Thema Sparen im öffentlichen Dienst gar nichts sagen kann, weil er sofort aus seiner Partei entfernt würde. Keiner von denen, die die Macht im Staate haben – angeblich – können Länder oder Kommunen zusammenlegen oder Parlamente verkleinern. Wenn sie es täten, würden die öffentlichrechtlichen und gewerkschaftlichen Seilschaften sie hinwegfegen. Darum wird ein weiter wachsender Staatsanteil ungerührt auf unseren Schuldenberg draufgepackt, bis der Wutbürger kommt.
Machen wir uns nichts vor, es wird nicht der Wutbürger sein, sondern die Wutproletarier und noch schlimmer, die Dümmsten, Brutalsten und Primitivsten unserer Gesellschaft.
Hatten wir ja alles schon mal.