ein Leihartikel der Frankfurter
Glänzende Geschäfte
Dominique Ouattara wird viel nachgesagt. Die "Première Dame" der Elfenbeinküste ist reicher und durchsetzungsfähiger als ihr Mann
Von Thomas Scheen
FAZ vom 17. April 2011
Johannesburg. Den Titel der ersten weißen "Première Dame" auf dem schwarzen Kontinent hat Dominique Ouattara verpasst. Der gebührt Viviane Wade, der französischen Frau des senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade. Man sagt, das nage an ihr. Und man sagt auch, dass Dominique Ouattara dieses Manko zu beseitigen gedenkt, indem sie die etwas trockene Viviane Wade zumindest öffentlich ausstechen will - nun, da sich ihr Gemahl Alassane Ouattara militärisch gegen seinen Widersacher Laurent Gbagbo durchgesetzt hat und Präsident der Elfenbeinküste ist.
Wenn das Klischee stimmt, wonach hinter jedem bedeutenden Mann eine starke Frau steht, dann ist das Ehepaar Ouattara beispielhaft. Dominique Nouvian, wie Frau Ouattara mit Mädchennamen heißt, hat eine ebenso schillernde Karriere hinter sich wie ihr Mann. Sie ist mindestens so reich wie er, und es heißt, doppelt so durchsetzungsfähig. Geboren wurde die neue "erste Dame" der Elfenbeinküste 1953 im algerischen Constantine als Kind einer jüdischen Familie aus Frankreich. 1973 heiratete Dominique den Lehrer Michel Folleroux, der in der Elfenbeinküste an einem renommierten Gymnasium angestellt war. Dominique folgte ihm nach Abidjan, das zu dieser Zeit noch Afrika vom Feinsten war.
Côte d'Ivoire als größter Kakaoproduzent der Welt galt damals als Kandidat dafür, vom Entwicklungs- zum Schwellenland heraufgestuft zu werden, und Abidjan war das Epizentrum dieser stürmischen Entwicklung. Der Immobiliemarkt boomte, die Stadt galt als die aufregendste Metropole Schwarzafrikas und zog Menschen aus aller Herren Ländern an. In den teuren Restaurants bedienten livrierte weiße Kellner, der Champagnerkonsum war einer der höchsten der Welt, und das Hotel Ivoire beherbergte die einzige Eisbahn des Kontinents, auf der die Jeunesse dorée der Stadt auf Kufen ihre Bahnen zog.
Die schöne Dominique wollte ihren Teil vom Kuchen und gründete 1979 die Immobilienfirma "Agence internationale de commercialisation immobilière" (AICI), die schon deshalb von sich reden machte, weil sie auch die Liegenschaften des ivorischen Präsidenten Félix Houphouët-Boigny und die von Omar Bongo verwaltete, dem damaligen Präsidenten Gabuns. Das ist für eine Immobilienagentur so etwas wie ein Sechser im Lotto. Die politischen Kontakte hatte Dominique Folleroux über den damaligen Bildungsminister Bamba Vamoussa und über den Gouverneur der westafrikanischen Zentralbank, Abdoulaye Fadiga, hergestellt. Wie sie als Lehrergattin diesen Herren nahekam, ist nicht ganz klar und bis heute Gegenstand geflüsterter Andeutungen.
Alassane Ouattara und Dominique Folleroux begegneten sich zum ersten Mal 1984. Ouattara war damals stellvertretender Gouverneur der westafrikanischen Zentralbank in Dakar und nebenher Kunde von AICI. Dominique Folleroux wiederum war 31 Jahre alt, Witwe, Mutter von zwei kleinen Kindern und eine gestandene Geschäftsfrau mit politischen Beziehungen, von denen der 13 Jahre ältere Bankier Ouattara nur träumen konnte. Außerdem sah die Französin umwerfend aus. Die Legende sagt, die Beziehung der beiden sei echte Liebe. Als Fadiga, der einst an der Entstehung von AICI erheblichen Anteil hatte, 1988 starb, wurde Ouattara dessen Nachfolger als Gouverneur der westafrikanischen Zentralbank. Prompt meldete die Abidjaner Gerüchteküche, Dominique Folleroux habe ihre Kontakte spielen lassen, um Ouattara den Posten zu verschaffen.
Ende der achtziger Jahre ging es mit der Elfenbeinküste wirtschaftlich bergab. Der Kakaopreis verfiel nicht zuletzt wegen neuer Konkurrenz aus Asien, die goldenen Zeiten in Abidjan waren endgültig vorbei. Dominique Folleroux hatte das offenbar kommen sehen, denn 1989 schaffte sie sich mit einer Immobilienagentur im feinen 16. Arrondissement von Paris ein zweites Standbein. Ein Jahr später, 1990, zog Houphouët-Boigny die Notbremse und ernannte den in Dakar an Langeweile leidenden Ouattara zum Chef einer innerministeriellen Kommission, die die Staatsausgaben unter Kontrolle bringen sollte. Im gleichen Jahr wurde Ouattara zum Ministerpräsidenten ernannt und leitete ein drastisches Sparprogramm ein, das die Privatisierung aller Staatsbetriebe vorsah. So kamen unter anderem die beiden französischen Konzerne Bolloré und Bouygues in den Besitz des Hafens von Abidjan, der Wasserwerke, der Eisenbahn und der Stromversorgung. Im August des Jahres darauf heirateten Alassane Ouattara und Dominique Folleroux in Neuilly. Der Bürgermeister, der sie standesamtlich traute, war niemand anderes als Nicolas Sarkozy.
Als "Ado", wie Ouattara genannt wird, nach dem Tod von Houphouët-Boigny 1993 aus der Politik gedrängt wurde und zum Internationalen Währungsfonds nach Washington zurückkehrte, machte Madame aus dem Ortswechsel ein glänzendes Geschäft. Sie wurde Generalvertreterin für den Import von Schönheitsprodukten der französischen Gruppe Jacques Dessange in Washington und kurz danach alleinige Franchisenehmerin aller amerikanischen Schönheitssalons des Herstellers - ein Millionendeal. Heute zählen ihre Salons beispielsweise Hillary Clinton zu ihren Stammkundinnen.
In der Zwischenzeit hatte sich die Wirtschaftslage im frankophonen Afrika derart verschlechtert, dass die französische Zentralbank im April 1994 eine Abwertung der gemeinsamen Währung Franc CFA beschloss. Über Nacht verlor die Währung die Hälfte ihres Wertes. Dabei wurden einige Leute sehr, sehr reich. Wer von der bevorstehenden Abwertung wusste, brauchte nur sein lokales Guthaben zu Geld zu machen, die Francs CFA zum alten Kurs in französische Francs umzutauschen, die Abwertung abzuwarten und zurückzutauschen - 100 Prozent Gewinn garantiert. In Abidjan wird bis heute gemunkelt, der sagenhafte Reichtum des Ehepaares Ouattara sei dieser Abwertung zu verdanken.
Ihr ausgeprägter Geschäftssinn beschert Madame Ouattara im April 2000 eine Auszeichnung als eine von 40 "Leading Women Entrepreneurs of the World". Damals sah es so aus, als ob der Höhenflug des Ehepaares nicht zu bremsen sei. In der Elfenbeinküste stand eine Präsidentenwahl bevor, bei der sich Ouattara gute Chancen ausrechnete. Dominique übte schon mal für ihre künftige Rolle. Von ihren Angestellten in Abidjan ließ sie sich als "Madame la Première Dame" ansprechen, doch dann wurde "Ado" unter fadenscheinigen Gründen an einer Kandidatur gehindert, Laurent Gbagbo gewann die Wahl, und Ouattara schrie Verrat. Seine Anhänger gingen auf die Straße, woraufhin die Gbagbo-Anhänger auf Ouattara losgingen. Der musste zusammen mit Dominique Schutz in der Residenz des deutschen Botschafters suchen, die unmittelbar an seine Villa in Abidjan angrenzt. Bei Ausbruch des Bürgerkrieges in Côte d'Ivoire 2002 wurde das Haus der Ouattaras niedergebrannt, Dominique brachte sich in Frankreich in Sicherheit.
Schon damals wurde gemunkelt, dass nicht Alassane, sondern Dominique Ouattara das Präsidentenamt anstrebte, und "informierte Kreise" streuten Gerüchte von buchstäblich handfesten Auseinandersetzungen zwischen den beiden über die richtige Strategie. Frau Ouattara wurde dabei von den Gegnern ihres Mannes öffentlich herabgewürdigt; dass sie ihr Imperium im Bett aufgebaut habe und dass sie als Jüdin Kontakte zum israelischen Geheimdienst habe, obwohl sie früh zum Katholizismus konvertierte. Nichts davon ist bewiesen, vieles üble Nachrede. Machtbewusst ist die Dame mit Sicherheit, aber ein Ebenbild von Simone Gbagbo, der Ehefrau von Gbagbo, die für ihre extrem harte politische Haltung bekannt ist? Wohl kaum.
Im zurückliegenden Wahlkampf jedenfalls machte Dominique Ouattara nicht durch politische Brandreden auf sich aufmerksam. Zwar quetschte sie sich für öffentliche Auftritte in die unvorteilhaften afrikanischen Pagne-Gewänder und tourte durch die staubigen Dörfer, wo das Erscheinen der drallen Blondine jedes Mal wirkte wie die Landung einer Außerirdischen. Dort sprach sie indes lieber über Gesundheit als über Politik. Seit 1998 leitet sie die Stiftung "Children of Africa", die sich der Gesundheitsvorsorge und der Hilfe für sozial benachteiligte Kinder verschrieben hat. Taufpatin der Stiftung ist Ira von Fürstenberg, eine Freundin von Dominique Ouattara. Genau darin, der Gesundheitsvorsorge, sieht die erste weiße "Première Dame" der Côte d'Ivoire ihre neue Aufgabe. Und wenn sie bei der Gelegenheit die engen Pagne-Klamotten wieder gegen Pariser Chic eintauscht, spricht bald kein Mensch mehr von Viviane Wade.
Eine Legende
sagt, dass die
beiden sich
wirklich lieben.